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„Keiner möchte Spektakel sehen. Es geht letztendlich um reelle Ausbildung und zufriedene Pferde“

FEI Richter Knut Danzberg im Gespräch über Jungpferdeausbildung, die WM der Jungen Dressurpferde und die Bundeschampionate

9. September 2025 um 13:41Von s.wilhelm

„Keiner möchte Spektakel sehen.  Es geht letztendlich um reelle Ausbildung und zufriedene Pferde“

Zwischen der Weltmeisterschaft der Jungen Dressurpferde und den Bundeschampionaten in Warendorf hatten wir, ClipMyHorse.TV News, die Möglichkeit, den international tätigen Richter Knut Danzberg zu besuchen. Im Interview sprachen wir über die WM der Jungen Dressurpferde, die Perspektive aus dem Richterhäuschen – und darüber, warum die Ausbildung von Dressurpferden bei aller Qualität immer im Mittelpunkt stehen muss.

„Im Endeffekt, sage ich immer: Geritten wird, wie gerichtet wird.“ – Knut Danzberg

Ein Rückblick auf die Weltmeisterschaft der Jungen Dressurpferde

Die WM der Jungen Dressurpferde in Verden Anfang August war für Knut Danzberg die zweite Weltmeisterschaft aus Richtersicht. „Diese Dichte an tollen Pferden ist schon etwas ganz Besonderes“, fasste Herr Danzberg seine Woche in Verden zusammen. Nirgendwo sonst treffe man in so konzentrierter Form auf Nachwuchspferde, die sowohl durch ihre Rittigkeit, ihre Grundgangarten als auch durch ihre Ausbildung überzeugen. Gerade für die Zuchtverbände habe dieses Championat daher eine enorme Bedeutung – was mit entsprechend hoher Verantwortung der Richter verbunden sei: „Weil eine vordere Platzierung des Pferdes eine enorme Wertsteigerung bedeuten kann“

In den Prüfungen der Fünf- und Sechsjährigen sind vier Richter an zwei unterschiedlichen Positionen gleichzeitig im Einsatz und während der Prüfung per Headset miteinander verbunden. Durch diesen Austausch gelingt es, nicht nur den Blick von der kurzen Seite bei C – wie es üblicherweise bei Dressurpferdeprüfungen der Fall ist –, sondern auch die Sicht von der langen Seite in die Bewertung einfließen zu lassen. So sei eine möglichst umfassende Bewertung möglich.

Tritt ein Pferd in einer Trabverstärkung hinten beispielsweise etwas breiter, ist dies von der Position an der langen Seite schwieriger zu erkennen – von der kurzen Seite jedoch besser. Das Gesamtbild inklusive der Anlehnung lässt sich oft von der langen Seite besser beurteilen. „Es ist letztlich immer eine Diskussion – und am Ende muss das Team eine gemeinsame Note finden“, betonte Knut Danzberg.

Auf die Nachfrage, ob sich der deutsche Ausbildungsweg, der einer langen Tradition folgt, auch auf einem internationalen Jungpferdechampionat abbilde, machte Herr Danzberg deutlich, dass sich die Unterschiede zwischen den Nationen zunehmend anglichen: „Globalisierung findet auch im Reitsport statt. In vielen Ländern wird mittlerweile auf sehr hohem Niveau geritten.“ Statt nationaler Dominanz stehe weltweit eine solide und pferdegerechte Ausbildung im Vordergrund, die heute über Erfolg oder Misserfolg entscheide.

Blick ins Richterhäuschen – Trends und Ausbildung im Fokus

Für Knut Danzberg ist klar: Die Richterei habe sich in den letzten Jahren verändert. Immer stärker liege der Fokus auf den Grundlagen der Ausbildung. Bei jeder Lektion werde geprüft, ob das Pferd losgelassen, im Takt und leicht in der Anlehnung sei.

„Keiner möchte Spektakel sehen. Es geht um reelle Ausbildung und zufriedene Pferde.“

Diese Entwicklung führe dazu, dass kleinste Details – wie das Maul, das Genick oder eine ehrliche Anlehnung – heute fast noch genauer betrachtet und bewertet werden als noch vor ein paar Jahren. Ein Ritt, der vor einigen Jahren noch hohe Prozentzahlen erhalten hätte, könnte heute etwas niedriger bewertet werden – weil die Ansprüche nochmals gestiegen sind.

Über Details und das Gesamtbild - wie Richter Noten finden

Darüber hinaus erklärte Herr Danzberg, dass die Bewertung immer aus einer Vielzahl kleiner Eindrücke entstehe: „Es fließt wirklich vom ersten bis zum letzten Moment, von der ersten bis zur letzten Lektion alles in die Note ein.“

Dabei sei es nicht ausschlaggebend, ob ein junges Pferd exakt bei X halte oder wenige Meter früher oder später – entscheidender sei, ob es in Balance bleibe, zur Ruhe komme und ob die Harmonie erkennbar sei. Aus diesen Details setze sich ein Gesamtbild zusammen. Die Richter stellten sich bei jeder Lektion die gleichen Fragen:

Ist das Pferd im Takt? Ist es losgelassen und schwingt es über den Rücken? Zeigt es sich geradegerichtet und lässt es sich gleichmäßig biegen? Und nicht zuletzt: Ist die Anlehnung leicht oder wirkt sie erzwungen?

All diese Aspekte seien Teil des Urteils und bestimmten am Ende die Gesamtnote.

Zucht im Wandel – Gesundheit und Rittigkeit im Fokus

Auch in der Zucht sei ein Wandel zu beobachten. Während die Pferde im Charakter und in der Rittigkeit große Fortschritte gemacht hätten, müsse dem Thema Gesundheit mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Allzu aufwändige Bewegungen und extreme Körperkonstruktionen seien nicht immer mit langfristiger Belastbarkeit vereinbar.  „Die Pferde haben sich vom Charakter, von allem, wahnsinnig weiterentwickelt. Wo ich noch so ein bisschen eine Schwäche sehe, ist einfach der gesundheitliche Aspekt. Es zu schaffen, dass unsere Pferde dauerhafter gesund bleiben oder einfach stabiler konstruiert sind.“

Als Ausbilder und Richter sieht Knut Danzberg hierin ein Umdenken: Gut ausgebildete, leistungsbereite und solide gebaute Pferde hätten einen ebenso hohen Stellenwert wie Pferde mit herausragenden Bewegungen.

Bundeschampionate in Warendorf – Treffpunkt für ganz Deutschland

Nach der Weltmeisterschaft läuft derzeit mit den Bundeschampionaten das nächste große Jungpferdeevent des Jahres. Für Herrn Danzberg unterscheiden sie sich von der WM vor allem durch die Breite der Teilnehmer: Während bei der WM jedes Land über nationale Vorauswahlen Paare entsendet, ist Warendorf nicht nur durch seinen nationalen Charakter anders, sondern letztlich auch ein Treffpunkt, bei dem sich die besten Nachwuchspferde aus allen Bundesländern messen. Das mache den Reiz der Veranstaltung aus – denn hier treffe sich die gesamte deutsche Zucht- und Jungpferdeszene. Ein besonderer Reiz der Bundeschampionate liegt für Herrn Danzberg darin, dass Pferde aller Altersklassen – von dreijährig bis über siebenjährig – an den Start gehen und so ein umfassender Eindruck von den unterschiedlichen Entwicklungsstufen entsteht.

Als wichtigen Schritt bezeichnete der international tätige Grand-Prix-Richter zudem das neue Richtverfahren für die siebenjährigen Dressurpferde, das den Blick stärker auf die Anforderungen einer S-Dressur und die damit verbundenen technischen Anforderungen lenkt – und so den Übergang in den höheren Sportbereich erleichtert.

Abschließend betonte Knut Danzberg nochmals, dass das Reiten junger Pferde eine ganz besondere und zugleich verantwortungsvolle Herausforderung darstellt: „Man muss bereit sein, ein Stück Kontrolle abzugeben“, so der Richter.

Bei einem Grand-Prix-Pferd könne der Reiter nahezu jede Sekunde steuern – bei einem drei- oder vierjährigen Pferd sei das nicht immer möglich. Es brauche viel Erfahrung, um junge Pferde fair auszubilden und im Sport zu präsentieren.

Über Knut Danzberg

Knut Danzberg wurde 1966 in Wuppertal geboren und war zunächst im Springsattel bis zur Klasse M erfolgreich, bevor er im Dressurstall des Schweizer Olympia-Reiters Christian Pläge seine Leidenschaft für die Dressur entdeckte. Es folgte eine Ausbildung zum Pferdewirt mit dem Schwerpunkt Reiten. 1994 legte er die Meisterprüfung im Pferdewirtberuf ab und wurde für seine herausragenden Leistungen mit der Stensbeck-Plakette ausgezeichnet. Seit 1998 ist Danzberg als Turnierrichter aktiv, 2013 qualifizierte er sich für die höchste nationale Richterstufe im Grand-Prix-Bereich. 2015 wurde er zum Gutachterrichter der Deutschen Richtervereinigung berufen und ist seither auch in der Aus- und Weiterbildung von Turnierrichtern tätig. Darüber hinaus ist er als Prüfer für Trainerlizenzen im Auftrag der FN aktiv.

Aktuell ist Knut Danzberg Mitglied der Landeskommission Hessen und seit dem 1. Januar 2019 international als Dressurrichter für die FEI tätig und besitzt inzwischen die 4* Qualifikation.


Das Gespräch führten Annika-Lilly Schäfer und Sophia Wilhelm.

Foto: Pferdefotografie Lafrentz


#Dressur

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